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Commentary
Mikroplastik und die Fischereiindustrie: Ein Teufelskreis
Dienstag, 18 Feb, 2025
Mikroplastik war diesen Monat ein großes Thema in den Nachrichten, da alarmierende neue wissenschaftliche Studien zeigen, dass Mikroplastikverunreinigungen mittlerweile in 99 % der Fisch- und Garnelenproben nachgewiesen wurden, ebenso in Nutztieren wie Schweinen, Kühen und Hühnern – und nun auch im gesamten menschlichen Körper, einschließlich unseres Gehirns.
Die Anreicherung von Mikroplastik in den Ozeanen wird bereits seit den 1970er-Jahren erforscht. Diese Mikro- und Nanoplastikpartikel (MNP), die mit bloßem Auge meist nicht sichtbar sind, stammen von größeren Plastikprodukten wie Flaschen, Einwegtüten und Lebensmittelverpackungen, die sich im Laufe der Zeit zersetzen und in die Umwelt gelangen. Meerestiere nehmen sie über das Wasser auf, wodurch sie sich in der Nahrungskette anreichern – bis hin zum Menschen.
Obwohl synthetische Mikrofasern aus Kleidung die Hauptquelle für Mikroplastik in der Umwelt sind, gibt es bereits Lösungen, um zu verhindern, dass sie in unsere Gewässer gelangen – beispielsweise durch Waschmaschinenfilter. Zudem steigen Verbraucher zunehmend auf langlebige Alternativen zu Einweg-Plastikstrohhalmen, Einkaufstaschen und Plastikflaschen um.
Doch eine der größten Quellen für Mikroplastik erhält weiterhin kaum Aufmerksamkeit: die Fischereiindustrie.
Erstaunlich in ihrem globalen Ausmaß und ihrer Effizienz entnimmt die moderne Fischereiindustrie jedes Jahr zwischen 1,1 und 2,2 Billionen wildlebende Fische aus dem Meer – zusätzlich zu Tintenfischen, Garnelen, Kalmaren und anderen Meerestieren, die von der kommerziellen Fischerei gezielt gefangen werden.
Früher verwendete die Fischereiindustrie Netze und Angelschnüre aus Hanf und anderen Naturfasern, die sich mit der Zeit harmlos zersetzten. Fischsammler wurden aus Baumzweigen gebaut, und Oktopusfallen bestanden aus Tontöpfen.
Heute setzt die kommerzielle Fischereiindustrie auf Plastik, um die Meere von allen Lebewesen zu leeren, die sie verkaufen kann – die Netze bestehen aus Plastik, die Angelschnüre sind aus Plastik, die Fischsammler bestehen aus Plastik, die Oktopusfallen sind aus Plastik, die Seile sind mit Plastik beschichtet, die Kisten zur Lagerung und zum Transport der Fische sind aus Plastik – und das alles trotz des „Kollateralschadens“, den dies in Form von Beifang, Verschmutzung und Umweltzerstörung verursacht.
Da Fischereiausrüstung aus Plastik günstiger, leichter und langlebiger ist, hat sie sich weltweit in der Fischereiindustrie durchgesetzt – von der handwerklichen Küstenfischerei bis hin zur industriellen kommerziellen Fischerei.
Die Folgen:
1. Vermüllung der Meere: Diese Kunststoffe sind leicht und für eine lange Haltbarkeit ausgelegt, sodass verlorene Fischereiausrüstung durch Meeresströmungen um die ganze Welt treiben kann. Sie sammelt sich am Meeresboden in Schutzgebieten, erstickt Korallenriffe und wird an unbewohnten Stränden angespült, wo Meeresschildkröten ihre Nester bauen. Und weil Plastiknetze und -fallen so billig sind, werden sie von der Fischereiindustrie häufig aufgegeben oder absichtlich im Meer entsorgt, anstatt sie verantwortungsbewusst an Land zu recyceln oder fachgerecht zu entsorgen.
2. Geisternetze: Verlorene Netze, Leinen und Fallen („Geisternetze“) fangen und töten über Jahrzehnte hinweg wahllos Fische, Meeressäuger und andere Lebewesen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2022 gehen jährlich rund 2 % aller Fischereigeräte auf See verloren. Dazu gehören 740.000 km Angelschnur und 14 Milliarden Haken – genug, um die Erde 18-mal zu umrunden! Selbst „biologisch abbaubare“ Angelschnüre benötigen mindestens sieben Jahre, um sich zu zersetzen – lange genug, um unzählige Schildkröten, Wale und Robben zu strangulieren oder zu verfangen.
3. Mikroplastik überall: Plastische Fischereiausrüstung zerfällt mit der Zeit in Mikro- und Nanoplastikpartikel, die von Meereslebewesen aufgenommen werden und sich in der Nahrungskette anreichern. Dies kann Nahrungsnetze stören, die Fruchtbarkeit verringern und die Artenvielfalt gefährden.
Selbst wenn Gesetze existieren, die bestimmte Netze verbieten (z. B. die tödlichen Treibnetze) oder eine ordnungsgemäße Entsorgung vorschreiben, gibt es kaum Kontrollen. Das bedeutet, dass es oft profitabler ist, die Regeln zu ignorieren, da das Risiko, erwischt und zur Rechenschaft gezogen zu werden, äußerst gering ist.
Ein Blick von der Frontlinie: Sea Shepherd Kampagnen
Die Crew und Freiwilligen von Sea Shepherd sind auf ihren Kampagnen weltweit täglich Zeugen der Verwüstung, die durch Plastik-Fischereiausrüstung verursacht wird:
-> Seit dem Start von Operation Siso im Jahr 2016 arbeitet Sea Shepherd jedes Jahr in Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden daran, illegale Fischereiausrüstung vor der Mittelmeerküste Italiens zu beschlagnahmen – darunter Langleinen, Treibnetze, FADs und Oktopusfallen. Dadurch konnten tausende Leben gerettet und Wilderei sowie andere illegale Fischereiaktivitäten in der Region um 70 % reduziert werden. Unser italienischer Partner iMilani hat über 8,6 kg Geisternetze und andere Fischereiabfälle, die von unserer Crew geborgen wurden, recycelt und daraus faltbare, vollständig recycelbare Schildkröten-Transportkisten hergestellt, die auf unseren Schiffen genutzt werden, um gerettete Schildkröten sicher zu transportieren.
-> Meeresschildkröten sind doppelt betroffen von verlassener Fischereiausrüstung: Wenn diese an ihren Niststränden angespült wird, bleiben die Muttertiere beim Eierlegen stecken, und ihre frisch geschlüpften Babys können die Trümmer nicht überwinden, um das Meer zu erreichen. 2019 half Sea Shepherds Bob Barker, über vier Tonnen Meeresmüll von einer abgelegenen westafrikanischen Insel in Kap Verde zu entfernen – dem drittwichtigsten Niststrand für Unechte Karettschildkröten weltweit.
-> Seit sieben Jahren patrouilliert Sea Shepherd Deutschland in der Ostsee, um illegale und weggeworfene Fischereiausrüstung zu bergen, die lokale Kabeljau- und Schweinswalbestände gefährdet. 2024 verbrachten Freiwillige 120 Tage damit, über 5,5 Tonnen illegale Stell- und Geisternetze zu entfernen, um diese Tiere zu schützen und ihren Lebensraum zu säubern.
-> Während der jüngsten Oktopus-Kampagne von Sea Shepherd Griechenland in der Thrakischen See entfernte unsere Crew über 6500 illegale Oktopusfallen. Die meisten davon waren billige Plastikbehälter, wie alte Olivenfässer, die zerbrechen und schädliches Mikroplastik ins Wasser abgeben – eine Bedrohung nicht nur für Oktopusse, sondern für die gesamte Umwelt.
-> Im Jahr 2024 koordinierte die Marine Debris Campaign von Sea Shepherd Australien über 100 Veranstaltungen mit 2000 Freiwilligen im ganzen Land, um fast 40 Tonnen Meeresmüll durch gezielte und gemeinschaftliche Reinigungsaktionen zu entfernen. Dabei arbeiteten sie unter anderem mit den Dhimurru Rangers zusammen, um die Küstengebiete von Arnhem Land im Northern Territory zu säubern – ein Gebiet, in das Meeresschildkröten endlich zurückgekehrt sind, um dort ihre Eier abzulegen.
Was kannst du tun, um aktiv zu werden?
Regierungen können (und sollten) zahlreiche Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Fischereiausrüstung die Ozeane weiter verschmutzt. Internationale Abkommen wie das Plastikabkommen 2024 hätten dazu beitragen können, die Flut von „Geisternetzen“—einschließlich Plastiknetzen, Leinen, Fallen, FADs, Seilen und Kisten—einzudämmen, indem ein rechtsverbindlicher, umfassender Rahmen für den gesamten Lebenszyklus von Fischereiausrüstung geschaffen worden wäre (von der Herstellung und dem Handel bis hin zur Entsorgung). Doch das Abkommen wurde nicht ratifiziert.
Aber jeder einzelne Konsument hat die Macht, einen Unterschied zu machen!
- Spenden: Deine großzügigen Spenden helfen Sea Shepherd, diese wichtigen Kampagnen fortzusetzen, um illegale Fischerei zu stoppen und dabei tödliche illegale Fischereiausrüstung aus dem Meer zu bergen, wo immer wir sie finden.
- Freiwillig helfen: Du kannst dich an den Strandreinigungsaktionen deines lokalen Sea Shepherd Chapters beteiligen (Wichtiger Hinweis: Versuche niemals, verlassene Fischereiausrüstung selbst aus dem Wasser zu bergen – das kann extrem gefährlich für dich sein und sogar den darin gefangenen Tieren schaden. Melde es den zuständigen Behörden, wenn du eine solche Ausrüstung entdeckst) oder auch, wie in unserem Fall, an Clean-Ups bei heimischen Flüssen beteiligen. Die Termine findest du auf unseren Social-Media-Kanälen auf Instagram und Facebook.
- Die Plastikflut stoppen: Viele umweltbewusste Menschen haben bereits auf Einwegplastik verzichtet und nutzen wiederverwendbare Einkaufstaschen, Edelstahl-Lunchboxen oder Glasflaschen. Doch eine der einfachsten Möglichkeiten, um den Mikroplastik-Eintrag in unsere Ozeane zu verringern, besteht darin, die Nachfrage nach Fisch und der riesigen Industrie dahinter zu reduzieren – das bedeutet, den eigenen Fischkonsum zu verringern oder ganz darauf zu verzichten.